Barf, die biologisch artgerechte Rohfütterung, ist eine Ernährungsmethode, die sich immer mehr etabliert. Dennoch gibt es weiterhin Bedenken und Missverständnisse, die einer sachlichen Prüfung standhalten müssen. Im Folgenden werden die gängigsten Mythen und die wissenschaftlichen Fakten dazu analysiert.
Mythos 1: Barf ist zu kompliziert und zeitaufwendig
Viele Halter scheuen sich vor der Rohfütterung, weil sie befürchten, nicht das nötige Fachwissen zu besitzen, um eine ausgewogene Ration zusammenzustellen. Die korrekte Fütterung erfordert tatsächlich ein grundlegendes Verständnis der Nährstoffbedürfnisse von Hunden. Eine ausgewogene Barf-Mahlzeit setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
- Muskelfleisch: Liefert Proteine und wichtige Aminosäuren.
- Innereien: Enthalten wichtige Vitamine und Mineralstoffe, wie Vitamin A in der Leber oder B-Vitamine.
- Fleischige Knochen: Dienen als natürliche Kalziumquelle.
- Pflanzliche Anteile: Gekochtes oder püriertes Gemüse und Obst versorgen das Tier mit Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen.
- Zusätze: Öle (z. B. Lachsöl) liefern essenzielle Fettsäuren, während Kräuter oder bestimmte Pulver den Nährstoffbedarf ergänzen können.
Die Komplexität lässt sich jedoch stark reduzieren. Spezialisierte Anbieter liefern fertige, tiefgekühlte Menüs. Diese sind nach den wissenschaftlichen Vorgaben des jeweiligen Anbieters bereits ausgewogen und müssen nur noch aufgetaut werden. Diese Option macht Barf für jedermann zugänglich. Für diejenigen, die selbst mischen, gibt es Futterpläne, Online-Rechner und die Möglichkeit, einen Ernährungsberater zu Rate zu ziehen, um eine optimale Nährstoffversorgung sicherzustellen.
Mythos 2: Rohes Fleisch ist unhygienisch und gefährlich
Die Angst vor der Übertragung von Bakterien wie Salmonellen, E. coli oder Campylobacter ist bei der Fütterung von Rohfleisch weit verbreitet. Diese Keime können tatsächlich im Fleisch vorkommen und sind eine potenzielle Gefahr für den Menschen, wenn keine ausreichende Hygiene beachtet wird.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass der Verdauungstrakt von Hunden anders aufgebaut ist als der des Menschen. Der Magen von Hunden hat einen sehr niedrigen pH-Wert, der Bakterien abtöten kann. Zudem ist der Darm von Hunden relativ kurz, was die Verweildauer von Nahrung und potenziellen Keimen reduziert. Die entscheidende Rolle spielt die Hygiene beim Umgang mit dem Futter:
- Lagerung: Rohfleisch sollte immer gut verpackt und getrennt von anderen Lebensmitteln im Kühlschrank oder Gefrierschrank aufbewahrt werden.
- Zubereitung: Arbeitsflächen, Schneidebretter und Utensilien müssen nach der Zubereitung gründlich mit heißem Wasser und Spülmittel gereinigt werden.
- Fütterung: Die Näpfe des Hundes sollten täglich gereinigt werden, und Reste dürfen nicht stehen bleiben.
Die Fütterung von rohem Schweinefleisch ist strengstens zu vermeiden, da es das Aujeszky-Virus übertragen kann, das für Hunde tödlich ist.
Mythos 3: Barf führt unweigerlich zu Mangelernährung oder Überversorgung
Dieser Mythos ist die Hauptkritik von Befürwortern der industriellen Fertignahrung. Sie argumentieren, dass es Laien unmöglich sei, eine exakt ausgewogene Ration zusammenzustellen. Eine einseitige Fütterung, die nur aus Muskelfleisch besteht, würde tatsächlich zu erheblichen Mangelerscheinungen führen, insbesondere bei Mineralien wie Kalzium.
Eine korrekt konzipierte Barf-Mahlzeit orientiert sich jedoch an der Zusammensetzung eines Beutetiers und berücksichtigt die spezifischen Nährstoffbedürfnisse des Hundes. Kalzium und Phosphor werden beispielsweise durch rohe, fleischige Knochen in einem optimalen Verhältnis zugeführt. Vitamine und Spurenelemente stammen aus Innereien und den pflanzlichen Anteilen. Durch die Rotation verschiedener Fleisch- und Gemüsearten wird eine breite Nährstoffversorgung sichergestellt.
Trotzdem können Mängel auftreten, wenn der Halter sich nicht ausreichend informiert. Regelmäßige Blutuntersuchungen können hier Aufschluss geben. Auch die Überversorgung mit bestimmten Nährstoffen, wie Vitamin A durch zu viel Leber, ist möglich und sollte vermieden werden.
Mythos 5: Barf ist für jeden Hund geeignet
Obwohl die Rohfütterung für die meisten gesunden Hunde eine artgerechte und vorteilhafte Ernährungsform ist, gibt es Ausnahmen. Hunde mit bestimmten Vorerkrankungen, wie beispielsweise Nieren- oder Leberproblemen, können spezielle diätetische Anforderungen haben, die eine Rohfütterung erschweren oder unmöglich machen. Auch Welpen in der Wachstumsphase benötigen eine exakt auf ihren Bedarf abgestimmte Ernährung, um Wachstumsstörungen zu vermeiden. In solchen Fällen ist eine enge Abstimmung mit einem Tierarzt oder einem auf Barf spezialisierten Ernährungsberater unerlässlich. Die Entscheidung für oder gegen die Rohfütterung sollte immer individuell getroffen werden.